64. Internationaler Hörakustiker-Kongress 2019
Zukunftssicherung und intelligentes Hören
- 16. Okt 2019 – 18. Okt 2019
- Nürnberg
Rund 8.000 Kongressteilnehmer aus 99 Ländern nahmen am 64. Internationalen Hörakustiker-Kongress der Europäischen Union der Hörakustiker e. V. (EUHA), der vom 16. bis 18.10.2019 in Nürnberg stattfand, teil. Damit ist der Kongress der weltweit größte Fach-Event. Das Kongressprogramm umfasste 22 Vorträge, sechs Tutorials sowie ein Sonderprogramm zum Future Friday. Insgesamt stellten 29 nationale und internationale Referenten aktuelles Wissen aus den Bereichen Digitalisierung, künstliche Intelligenz und neue Sensortechnologien vor.

Future Friday
Ein besonderes Highlight war der Future Friday. Das neue Format für den Freitag war ganz auf die Zukunft ausgerichtet. Gleich morgens wurden die Themen des Tages in kurzen Fast Tracks vorgestellt. Moderne Energy-Cell-Technologien, kognitiv gesteuerte Hörsysteme, das Hörsystem als Multitool mit vielen Möglichkeiten, die den Alltag erleichtern, oder moderne „Layertechniken“, die den perfekten Sound mixen. Algorithmen sorgen dafür, dass verschiedene Stimmen und Geräusche optimal verstehbar sind, und es ging um neue Marketingstrategien.
Kongresseröffnung
Festredner war der Zukunftsforscher Kai Arne Gondlach. Er lud die Gäste zu einer Kurzreise in die Zukunft ein und skizzierte ein spannendes Zukunftsszenario, in dem Machine und Deep Learning eine wichtige Rolle spielen. Bei der Forschung zu künstlicher Intelligenz wird Europa laut Gondlach bald abhängt, da der Datenschutz den Entwicklungen im Wege steht. Generell sieht er gerade in der Hörakustik Entwicklungspotenzial, allerdings sei es wichtig, dass Unternehmen neue Wege öffnen und bisherige Strategien überdenken. Zudem prophezeite er etwa ab den Jahren 2021 bis 2030 den Tod des ÖPNV. Dann werden ganz andere, autonome Mobilitätskonzepte vorherrschen, z. B. mit mobilen Hotels, Büros und Restaurants. Ab 2020 wird es laut Gondlach fliegende Drohnen mit Material und später auch mit Menschen geben.


EUHA-Präsidentin Beate Gromke eröffnete den Kongress mit einem Aristoteles-Zitat: „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.“ Diese Worte treffen laut Beate Gromke heute mehr denn je auf den Internationalen Hörakustiker-Kongress zu. „Wir stellen mit unserem Programm, der BVHI mit der Fachausstellung die Plattform zur Verfügung, Sie sorgen dafür, dass der Kongress mit Interaktion gefüllt wird und zwar durch den direkten Austausch auf fachlicher und persönlicher Ebene. Es ist wichtig, dass wir uns alle persönlich treffen, unsere Branche ist klein und lebt vom Miteinander. Sie sind es, die den Kongress potenzieren! Indem Sie sich austauschen, neue Inhalte mit Ihren praktischen Erfahrungen abgleichen und umsetzen“, lautete ihr Aufruf bei der Kongresseröffnung.
Dr. Stefan Zimmer verkündete einen Rekord von 154 Ausstellern. Gekonnt begeisterte er das Publikum mit einem Exkurs in die Numerologie. Er stellte dem Kongress die Nummer 21 voran. Sie steht in der Numerologie für Chancen und Erfolg. Dazu fand er zahlreiche Erfolgsbeispiele.
Prof. Dr. Karin Schorn verlieh den Forschungspreis der Stiftung Forschungsgemeinschaft Deutscher Hörgeräte-Akustiker (FDHA) an Dr. Hendrik Husstedt vom Deutschen Hörgeräte Institut (DHI) in Lübeck. Er bekam die Auszeichnung für seine „Untersuchung von Hörgerätealgorithmen zur Störgeräuschunterdrückung bei mehreren Signalen aus gleicher oder unterschiedlicher Richtung“.


EUHA-Förderpreis
Der EUHA-Förderpreis wurde in diesem Jahr zum zehnten Mal verliehen. EUHA-Vizepräsidentin Eva Keil-Becker hielt eine feierliche Laudatio zum Thema Dynamik und verglich die Förderpreisträger mit der weißen Kugel beim Billard. Sie ist es, die den Anstoß gibt und dafür sorgt, dass Dynamik ins Spiel kommt. Die Förderpreisträger 2019 sind: Christoph Neumann und Lennart Bandick von der Akademie für Hörakustik. Sie haben zum Thema „Ermittlung der transkraniellen Übertragungsfunktion bei der Verwendung eines Luftleitungswandlers“ gearbeitet und wurden mit dem ersten Platz ausgezeichnet. Auf Platz zwei ist Josef Schröder von der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Sein Thema lautet: „Evaluation des Einflusses linearer und kompressiver Hörgeräteverarbeitungen auf die musikalische Wahrnehmung und Szenenanalyse von Schwerhörigen“. Larissa Jäger von der TH Lübeck hat den dritten Platz belegt. Sie setzte sich intensiv mit dem Thema „Richtungsabhängige Bezugskurven für den Freiburger Einsilbertest im Störgeräusch“ auseinander. Eva Keil-Becker nahm das Jubiläum zum Anlass, der Förderpreisjury zu danken, und stellte alle 31 Förderpreisträger namentlich vor.

Fachausstellung
Die internationale Fachausstellung verzeichnete einen Ausstellerrekord von 154 Ausstellern aus 21 Ländern. Zu den Top-Five gehören Deutschland 52 %; VR China 8 %; Dänemark 5 %; USA 4 % und die Niederlande 3 %. 52 Prozent der Aussteller kommen aus Deutschland, 48 Prozent sind international. Die Bruttoausstellungsfläche in den Hallen 3 A und 4A betrug rund 15.500 m². An den Messeständen wurde u. a. neueste Technik, besonderes Zubehör und Messtechnik gezeigt. Die neue Generation von Hörsystemen ist kleiner, schicker und intelligenter als vorherige Modelle. Die Produkte sind personalisiert. Die Träger spüren sie nicht, da sie vom Hörakustiker auf die individuellen Höranforderungen der Träger angepasst werden. Die Hörsysteme können so eingestellt werden, dass sie den persönlichen Hörgeschmack der Nutzer ermitteln und sich automatisch darauf ausrichten, Hörsysteme erlernen dank moderner Sensortechnologie die Vorlieben des Trägers. Hörsysteme können sich maximal vernetzen. Die Funktionalität hat nahezu keine Grenzen. Selbst Telefonieren ist heutzutage möglich, ohne das Telefon in die Hand nehmen zu müssen. Zudem hat sich die Akkutechnologie verbessert.
Der Schauspieler Miroslav Nemec war ebenfalls vor Ort. Er nutzt moderne Hörsysteme und stellte fest: „Ehrlich gesagt, stelle ich die meiste Zeit gar nichts ein. Die Hörgeräte wurden, als ich sie bekam, natürlich erst mal von der Hörakustikerin eingestellt. Das war schon mal angenehm und dauerte nicht lange. Jetzt, wo ich sie im Alltag trage, stellen sie sich vollautomatisch auf die Situation ein, in der ich gerade bin. Seit ich sie habe, war ich nie in einer Situation, in der ich manuell eine Einstellung ändern musste. Die automatische Einstellung funktioniert immer zuverlässig. Was mich aber wirklich überrascht hat, ist, was die kleinen Dinger außer tollem Klang noch bieten. Bluetooth zum Telefonieren oder Musikhören (ich bin selbst Musiker) ist super, und dann mit den Akkus ist es einfach sehr komfortabel.“

Presse
Mehr als 90 Journalisten besuchten den Internationalen Hörakustiker-Kongress. Sie wurden zu einer Messeführung eingeladen und bekamen anschließend im Showroom wichtige Einblicke in den Ausbildungsberuf des Hörakustikers. Die Präsidentin der Bundesinnung der Hörakustiker KdöR, Marianne Frickel, brachte die Qualität der Ausbildung an der Akademie für Hörakustik (afh) mit folgenden Worten auf den Punkt: „Wo Lübeck draufsteht, ist auch Lübeck drin.“
Gemeinsam mit Philipp Bönig stellte sie diesen zukunftsweisenden Beruf vor. Bönig ist EUHA-Botschafter des Hörens. Der gelernte Hörakustiker und ehemalige Profifußballer stand für ein Interview während des Pressetags zur Verfügung. Seine Botschaft lautet: „Einmal im Jahr einen Hörtest machen, übrigens auch schon in der jüngeren Generation. Wir leben in einer schnellen und immer lauteren Welt – das merkt man übrigens hautnah auch im Stadion, da sind schnell mal 120 Dezibel und mehr auf den Ohren, durch Ratschen, Fantröten und Gesänge. Ich empfehle Gehörschutz – auch für Leute, die regelmäßig ins Stadion gehen. Es lohnt sich, individuell gefertigten Gehörschutz vom Hörakustiker zu nutzen.“
